#SolidarischauchnachCorona
Perspektive Solidarität Kiel (April 2020)
Während viele Menschen schon vor der Verbreitung von Covid-19 Probleme hatten, die Miete zu zahlen, hat sich die Situation in den letzten Wochen drastisch verschärft. Kurzfristige Kündigungen, Kurzarbeiter*innengeld und Verdienstausfall bei Selbstständigen stellen Mieter*innen vor die Frage, wie sie die Wohnung halten können. Denn die Miete ist fällig, trotz Shutdown. Gleichzeitig ist das „social distancing“, das die Verbreitung von Corona verlangsamen soll, für Viele eine kaum umsetzbare Aufforderung, etwa weil sie auf der Straße oder in überfüllten Unterkünften leben, weil sie sich ein total überbelegtes Zimmer mit Familie, Arbeitskolleg*innen oder Fremden teilen müssen oder weil sie aufgrund eines falschen Passes zu Hunderten in Lagern mit mangelhaften hygienischen Standards untergebracht sind.
Dabei gibt es eigentlich genügend Wohnraum für alle. Doch dieser wird zu für viele Menschen unerschwinglichen Preisen vermietet oder durch die Nutzung als Zweitwohnung oder als AirBnb-Ferienapartment blockiert. Auf der anderen Seite stehen Büroflächen leer. In den letzten Jahrzehnten haben viele kommunale Wohnungsgesellschaften ihre Häuser an Investor*innen verkauft, die nicht das Ziel haben, Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, sondern möglichst hohe Gewinne zu machen. Deshalb stehen zum Teil auch bezugsfertige Häuser als wertsteigernde Maßnahme leer, Hotels werden anstelle von günstigen Wohnungen gebaut und bestehender Wohnraum in Ferienappartments umgewandelt. Und wenn es noch halbwegs günstigen Wohnraum gibt, ist dieser oft in einem schlechten Zustand.
Diese Entwicklungen folgen keinen Naturgesetzen oder „notwendigen Sachzwängen“ und sind auch nicht die Schuld von einzelnen „Immobilienhaien“, sondern Teil unseres profitorientierten Wirtschaftssystems. Denn im Kapitalismus richtet sich die Verteilung des Wohnraums nicht nach Bedarf, sondern danach wieviel Profit damit erwirtschaftet werden kann.
Wir sind der Meinung, dass Wohnraum sich nicht nach dem Profit richten darf, sondern den Bedürfnissen der Menschen nach einer guten und bezahlbaren Unterkunft dienen muss. Ein erster Schritt in der jetzigen „Corona-Krise“ wäre die Aussetzung aller Mieten und Zwangsräumungen sowie die würdige und dezentrale Unterbringung für Menschen, die eine solche benötigen. Ein zweiter Schritt ist die permanente Sicherstellung eines Rechts auf gutes Wohnen für alle, ganz egal welchen Pass sie haben oder wie viel sie verdienen. Für die Ermöglichung dieser Schritte müssen Wohngroßkonzerne wie Vonovia und Co. enteignet und der Wohnungssektor vergesellschaftet, das heißt in die Hände der Mieter*innen gelegt werden. In Hausversammlungen und Mieter*innenräten könnte dann entschieden werden, wie hoch die Miete sein soll/muss, wann und wie saniert wird und wie wir zusammen leben wollen (ob es z.B. eine gemeinsame Waschküche gibt, wie der Hof genutzt wird, etc.).
Weltweit haben sich bereits Mieter*innen zusammengeschlossen, um sich gegen die oben beschriebene Entwicklung zu wehren und für ein Recht auf guten Wohnraum zu kämpfen. In vielen Städten wird aufgrund der aktuellen Situation zu einem Mietstreik mobilisiert, der dazu aufruft die Mieten ab dem 1.April nicht mehr zu zahlen. Die Begründung: Keine Kohle, keine Miete! Dass niemand einen erfolgreichen Mietstreik auf eigene Faust und als Einzelkämpfer*in durchsetzen kann, sollte allen bewusst sein. Um uns effektiv gegen die Ausbeutung von Mieter*innen wehren zu können, müssen wir uns zunächst zusammen tun und uns organisieren. Offene Mieter*inneninitiativen gibt es auch in Kiel – schließt Euch ihnen an!
DieHäuser denen, die drin wohnen!
Wohnraum vergesellschaften!