„Wenn wir streiken, steht die Welt still!“
Unter diesem Motto waren wir am Montag dem 8. März, am feministischen Kampftag, auf der Straße! An drei symbolischen Orten waren wir mit unserem mobilen Streikcafé und haben uns so mit verschiedenen Arbeitskämpfen und feministischen Aktivist*innen solidarisiert.
Gemeinsam haben wir unsere Wut auf das kapitalistische Patriarchat und unsere Forderungen für einen solidarischen Feminismus und ein gutes Leben für alle stark gemacht.
Unter dem Motto „Gesundheit ist keine Ware“ starteten wir den Tag am Städtischen Krankenhaus. Weiter ging es vor der Ausländerbehörde unter dem Slogan „Fight Fortress Europe“. Wir beendeten den Tag mit der Forderung „Care-Revolution now!“ vor dem Familienzentrum in Gaarden.
Mit den Streikcafés wollten wir feministische Themen in die Öffentlichkeit tragen und vor allem darauf aufmerksam machen, dass die meisten von uns aufgrund ihres Geschlechts immer noch unter diskriminierenden und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen leiden, dass unsere Arbeit schlecht oder gar nicht bezahlt und unsichtbar gemacht wird. Die Pandemie macht noch deutlicher, dass genau diese Arbeit aber die ist, die das System am Laufen hält. Dagegen kämpfen wir gemeinsam und solidarisch Seite an Seite, indem wir am 8. März unsere Arbeit bestreikt haben!
Schon morgens haben wir uns mit 75 FLINT* am Krankenhaus getroffen. Hier wollten wir nicht das Städtische Krankenhaus konkret, sondern die Missstände im Gesundheitswesen allgemein aus einer feministischen Perspektive thematisieren. Neben dem Aufruf von unserem Bündnis, hörten wir einen Redebeitrag von Paul Ninus Naujoks über das profitorientierte patriarchale Gesundheitssystem in Bezug auf Arbeitsverhältnisse und medizinische Versorgung von trans Personen. In einem weiteren Beitrag kamen Pflegekräfte zu Wort, die über ihre Arbeitsbedingungen und die Situation im Gesundheitswesen aus feministischer Sicht berichteten. Vorübergehende wurden mit Flugblättern über die Veranstaltung informiert und auch Pflegekräfte kamen in ihrer Pause vorbei und bedankten sich für unsere Solidarität.
Die nächste Kundgebung prangerte die Ausländerbehörde als Ort von strukturellem und institutionellem Rassismus an und thematisierte sowohl Rassismus auf dem Arbeitsmarkt als auch die Themen Flucht und Migration von FLINT*. Dass Gewalt gegen politisch aktive Frauen und Feminizide weltweit patriarchale, kapitalistische und nationalistische Taktik sind, die auch hinter Kriegen und Diktaturen wie beispielsweise in der Türkei steht, thematisierte der kurdische Verein und rief zu einer globalen Solidarität aller Frauen auf. Eine kurdische Genossin gedachte den revolutionären feministischen Kämpfer*innen, die aufgrund ihres Kampfes sterben mussten. Sie erinnerte dran, wie lange ein feministischer Kampf bereits geführt wird und in welcher Tradition sich die Bewegung verorten kann. Zudem las sie ein Gedicht vor, das sie 1977 zum 8. März geschrieben hat, das aber nicht an Relevanz verloren hat. Die Turbo Klimakampfgruppe Kiel rief zu einer feministischen Klimabewegung auf, die global denkt. Dabei stellten sie den Zusammenhang von Flucht und Migration, Patriarchat und Klimawandel heraus und machten deutlich, dass wir verschiedene Kämpfe vereinen müssen, um eine Welt für alle zu schaffen. Zwei Teilnehmerinnen der Kundgebung machten spontan auf die Situation von FLINT*s in Afghanistan und dem Iran aufmerksam. Shamsia Azarmehr, die am 9.4. in Rahmen unserer Veranstaltungsreihe über Frauenrechtsbewegungen in Afghanistan referiert, las ein von ihr verfasstes Gedicht zum Thema Selbstbestimmung über den eigenen Körper vor. Zudem rief eine Aktivistin zur Solidarität mit den unterdrückten kämpfenden Frauen im Iran auf. Auch an dieser Station gab es viel positiven Zuspruch von Passant*innen. Zudem nutzten wir den Standort, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen, die auf ihre Termine in der Ausländerbehörde warteten.
Unsere letzte Station vor dem Familienzentrum Gaarden stellte das Thema Care-Arbeit bzw. Sorgearbeit in den Fokus. Dieser Ort wurde symbolisch gewählt, genauso gut hätten wir uns aber auch vor jede andere KiTa, vor Spielplätze oder Einfamilienhäuser stellen können. Wir forderten hier die Anerkennung von unbezahlter Sorgearbeit, aber auch die bessere Anerkennung und Entlohnung von Berufen, die hauptsächlich von FLINT* ausgeführt werden, wie beispielsweise der Erzieher*innenberuf. Eine Erzieherin berichtete über ihren Arbeitsalltag, der Abwertung ihrer Arbeit, die Rollenbilder, mit denen sie aufgrund ihres Geschlechts in Kombination mit ihrem Beruf konfrontiert ist. Sie stellte klare feministische Forderungen auf, so etwa eine Lohnangleichung an den Lehrer*innenberuf, die Anerkennung als ausgebildete Fachkraft und ein Ende der Vergeschlechtlichung ihres Berufes. Daran anschließend haben zwei Mütter über die Erwartungen und Rollenbilder gesprochen, denen sie sich entgegensetzen. Sie thematisierten Auswirkungen der Doppelbelastung von Eltern wie eine prekäre finanzielle Situation und Vereinzelung im Modell der Kleinfamilie. Sie forderten alternative Wohn- und Familienformen als Perspektive für feministische Elternschaft. Die Alevitische Gemeinde thematisierte die Unterdrückung in Form von Gewalt und finanzieller Prekarität von Frauen und erinnerte mit der Geschichte des 8. März daran, dass sich schon lange FLINT* gegen ihre Unterdrückung zur Wehr setzen. Auch der Bund sozialistischer Frauen machte die Kämpfe von FLINT* sichtbar, indem sie Gewalt gegen Frauen und die Kämpfe dagegen aufzeigten. Spontan wurde ein Audiobeitrag einer Frau abgespielt, in dem sie von ihrer gewaltsamen Abschiebung nach 35 Jahren in Deutschland berichtete. Hier wurde noch einmal deutlich, wie sehr patriarchale Gewalt und das rassistische Asylsystem zusammenwirken, aber auch dass solidarische Trauer und Wut zu einem gemeinsamen Kampf führen können. Mitten im Wohnviertel Gaarden konnten wir die Anwohner*innen, aber auch die Eltern der Kinder des Familienzentrums und die dort Beschäftigten erreichen.
Wir blicken auf einen kraftvollen Tag zurück, an dem vor allem eins klar wurde: Wir sind viele, wir haben viele Perspektiven und nur gemeinsam und solidarisch können wir eine Zukunft schaffen, in der unsere Arbeit anerkannt und gerecht entlohnt wird, in der wir frei über unsere Körper bestimmen können und in der Patriarchat und Kapitalismus zu Geschichte geworden sind. Unsere verschiedenen gesellschaftlichen Stellungen schaffen verschiedene Blickwinkel und Perspektiven auf diese Gesellschaft.
Lasst uns wie am Montag voneinander lernen, uns zuhören und ernst nehmen und gemeinsam Seite an Seite kämpfen. Denn zusammen haben wir die Kraft, die Welt aus den Angeln zu heben.
[Dokumentation des Berichts des 8M-Kiel-Bündnisses]