„Wir müssen nüchterne, geduldige Menschen sein, die nicht verzweifeln angesichts der schlimmsten Schrecken und sich nicht an jeder Dummheit begeistern. Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens.“ (Antonio Gramsci)
Bildung und Selbstbildung sind zentrale Elemente für die Theorie und Praxis der radikalen und revolutionären Linken. Wer die eigene Geschichte kennt und als diese begreift, kann aus Niederlagen aber auch Erfolgen lernen. Das Wissen über theoretische Begriffe und Konzepte, ermöglicht uns eine kritische Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse und das Schaffen einer Perspektive über die bestehende Ordnung hinaus. Damit ist Bildung nicht weniger als eine Grundlage für gemeinsames Bewusstsein und kollektive Kämpfe. Diese Form des Wissens wird allerdings weder im Fernsehen gezeigt, noch ist sie fester Bestandteil im bürgerlichen Bildungskanon an Schulen und Universitäten. Dieses Wissen müssen wir uns aktiv selbst aneignen und vermitteln. Da dafür im Alltag neben Lernen, Arbeiten und Motivationslosigkeit angesichts der ganzen Misere, die Zeit oder Lust fehlen und viele Texte schwierig zu verstehen sind, wollen wir uns gemeinsam dieses notwendige Wissen aneignen.
Dafür veranstalten wir als Perspektive Solidarität Kiel im Winter 2022/2023 eine Reihe von (Selbst-)Bildungsseminaren über die grundlegenden Themen Kritik der Politischen Ökonomie, Klasse, Internationalismus sowie Sozialismus und Kommunismus. Die Veranstaltungen sind als Tagesseminare angelegt und werden inhaltlich sowie didaktisch so gestaltet, dass es keinerlei Vorkenntnisse für die Themen bedarf. Für einige Veranstaltungen müssen im Vorfeld Texte gelesen und vorbereitet werden. Auch wenn die Inhalte durchaus kompliziert werden können, ist es unser Anspruch, dass alle teilnehmen und mitkommen können und wir uns in einem kollektiven Prozess bilden.
Alle Seminare finden im Stadtteilladen Anni Wadle (Kieler Str. 12, 24143 Kiel) statt und aufgrund begrenzter Plätze bitten wir um eine Voranmeldung. Dafür könnt ihr einfach an mail@perspektive-solidaritaet.org schreiben oder euch direkt im Stadtteilladen melden. Die Seminarreihe wird unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Schleswig-Holstein.
10.12.2022 | 10-17 Uhr: Einführung in die Kritik der Politischen Ökonomie (mit Debora Darabi) (Workshop ist ausgebucht)
21.01.2023 | 10-17 Uhr: Einführung in die Klassentheorie (Anmeldung ab 12.12.2022 möglich)
Weitere Seminare folgen im Februar und März.
Die Veranstaltungen finden in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung Schleswig-Holstein statt.
Beschreibung Workshop zur Einführung in die Kritik der Politischen Ökonomie:
Im Workshop nähern wir uns in drei thematisch aufeinander aufbauenden Blöcken dem Wesen des Kapitals:
Zuerst ergründen wir die Analysemethode des Marxismus, d.h. den dialektisch-historischen Materialismus. Dann gehen wir über zur Wertformanalyse und den Begriffen von Gebrauchs- und Tauschwert, konkreter und allgemein abstrakter Arbeit und dem Auseinanderfallen von Zirkulation- und Produktionssphäre. Zuletzt arbeiten wir dann die Widersprüche und Potenziale aus, die sich aus dem zeitlichen und örtlichen Auseinanderfallen des Kaufs der Arbeitskraft und ihrem produktiven Konsum ergeben und charakteristisch für das gesamtgesellschaftliche Kapital- und damit auch Klassenverhältnis sind.
Die Teilnehmer*innen werden für jeden der drei Blöcke Textstellen im Umfang von jeweils 20-30 Seiten in Vorbereitung lesen, auf denen die jeweiligen Diskussionen fußen. Ziel des Workshops ist sowohl den Marxismus und seine Wertformanalyse zu diskutieren, als auch das selbständige Erarbeiten, kritische Diskutieren und Anwenden marxistischer Theorie innerhalb der Gruppe einzuführen.
Daher beruht jeder der drei thematischen Blöcke auf Kleingruppenarbeit, während der spezifische Text- und Diskussionsfragen von den Teilnehmer*innen selbständig erarbeitet, visualisiert und anschließend vor der gesamten Gruppe präsentiert werden.
Voraussichtlicher Zeitplan
I. Block – Dialektik und die Ware
a. Was ist dialektischer Materialismus? (45 Min)
b. Was ist die Kritik der politischen Ökonomie und warum ist sie so aufgebaut? (15 Min)
c. Pause (15 Min)
d. Was ist die Ware und immanente Analyse? (45 Min)
II. Block – Doppelcharakter der Ware und Arbeit
a. Fetischcharakter der Ware und ihr Geheimnis (45 Min)
b. Pause (15 Min oder Mittag)
c. Lohnarbeit und Wertform (30 Min)
d. Zirkulation und Produktion und der Äquivalententausch (30 Min)
e. Pause (15 Min)
III. Block – Kapital und Klassengesellschaft
a. Mehrarbeit und Mehrwert und seine kapitalistische Aneignung (30 Min)
b. Kapital als gesamtgesellschaftliches Verhältnis (45 Min)
c. Pause (15 Min)
d. Der Standpunkt des Proletariats und Abschlussdiskussion (30 Min)
Die Teilnehmendenzahl wird auf maximal 25 begrenzt.
Beschreibung Workshop zur Einführung in die Klassentheorie
Von Klasse zu sprechen war in Deutschland lange Zeit aus der Mode. In der sogenannten Mittelstandgesellschaft mit ihrem Aufstiegsversprechen schienen die Klassenkonflikte der Vergangenheit vergessen und der Begriff höchstens noch für historische Beschreibungen zu gebrauchen. Doch seit einigen Jahren kommt der Klassenbegriff in linke, wissenschaftliche und mediale Debatten zurück.
Das hat seine Gründe: Soziale Ungleichheiten in Einkommen, Vermögen, Besitz und Lebenschancen haben innerhalb vieler Länder (wieder) zugenommen. Wer die sozialen Prozesse verstehen will, die diese Ungleichheiten hervorbringen, muss sich mit den Klassenverhältnissen der Gesellschaft beschäftigen. Denn die Grundstruktur, die bereits Karl Marx beschrieb, hat sich nicht wesentlich verändert. Während Wenige über Produktionsmittel verfügen, ist der Großteil auf den Verkauf der eigenen Arbeitskraft angewiesen, um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Der Reichtum der einen, hängt daher mit der (relativen) Armut der Anderen zusammen.
Was lässt sich also unter Klasse verstehen und wie aktuell ist der Begriff noch? Wie haben sich die Klassenverhältnisse im Kapitalismus über die Zeit verändert und die Einkommens- und Lebenslagen ausdifferenziert? Handeln Arbeiter:innen überhaupt kollektiv, gibt es noch Klassenkampf und ist der revolutionär? Was gewinnen wir als Linke, wenn wir gesellschaftliche Konflikte durch diese Perspektive betrachten und eine neue Klassenpolitik entwickeln?
Die Teilnehmendenzahl wird auf maximal 25 begrenzt.