Transgender Day of Remembance

Transgender Day of Remembrance | Montag 20.11.23

17:00 Uhr Schilder malen und Gedenken im Stadtteilladen
19:30 Uhr Kunstausstellung von der Feministischen Antifa Kiel im Fahrradkinokombinat

Der Transgender Day of Remembrance wurde 1999 initiiert, um Rita Hester und Chanelle Pickett zu gedenken – zwei schwarzen trans* Frauen, die in Massachusetts (USA) ermordet wurden. Seitdem ist der 20.11. ein wichtiger Tag, um die durch transfeindliche Gewalt Gestorbenen zu würdigen und ihrer zu gedenken.

Trans* ist ein Oberbegriff, der verschiedene Menschen bezeichnet, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Trans* Personen erleben tagtäglich Gewalt in Form von Beleidigungen, Drohungen oder Angriffen und die Zahlen steigen kontinuierlich an. Besonders stark betroffen sind trans* Frauen oder trans*feminine Personen und rassifizierte Personen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass diese Gewalt viel zu häufig tödlich endet. Die Täter*innen werden selten gefasst und in den Medien wird die Gewalt weitergeführt, denn es wird nur selten berichtet, die Zusammenhänge der Taten nicht benannt oder die Betroffenen mit falschem Namen und Geschlecht bezeichnet. Das Trans Murder Monitoring, welches Tötungsdelikte an trans* Personen weltweit sammelt und analysiert, hat alleine im Jahr 2022 327 Ermordungen weltweit gezählt. Die Dunkelzahl ist vermutlich weitaus höher, da viele Fälle nicht in der Statistik erfasst werden.

Die Gewalt geht auch vom Staat aus: Behördliche Schikane, staatliche Kriminalisierung, das Abschieben von migrantischen trans* Personen in unsichere Herkunftsländer oder die veraltete und repressive Gesetzgebung. In der politischen und medialen Debatte um das als fortschrittlich beworbene neue „Selbstbestimmungsgesetz“ wurde deutlich, dass dieses viel Spielraum für Transfeindlichkeit lässt. Medial wurde das angekündigte Gesetz auf die „Frauensauna“-Debatte reduziert – die angeblichen Bedenken um sichere Frauenräume von Seiten der FDP, CDU und AfD sind unbegründet und vorgeschoben, sie verzögern den Prozess und zeigen die Ablehnung von trans* Personen.

Die wirklich wichtigen Fragen werden vom Staat hingegen ignoriert. Beispielsweise die Frage nach der Überwindung von Diskriminierung von trans* Personen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Viele müssen aufgrund von Hass und Vorurteilen Jobs kündigen oder können sie gar nicht erst annehmen. Bei jeder Interaktion mit Bank, Krankenkasse, (Hoch)schule, Ämtern, der Polizei und anderen Stellen müssen sich trans* Personen ewig selbst erklären sowie Unverständnis und Ablehnung befürchten und zu häufig erleben. Trans* Personen landen so besonders häufig in prekären Arbeits- und Wohnverhältnissen.

Insbesondere durch den aktuellen politischen Rechtsruck nimmt Transfeindlichkeit weltweit zu. Der von Rechten und christlichen Fundamentalist*innen ausgerufene queerfeindliche Kulturkampf wird auf dem Rücken von trans* Personen geführt. Der gerechtfertigte Frust vieler Menschen über die ungerechten Verhältnisse wird von ihnen gezielt u.a. auf trans* Personen gelenkt, nur weil diese zuletzt minimal mehr gesellschaftliche Anerkennung erkämpft haben. In ihren Ideologien wollen sie trans* Personen weiter unterdrücken und schrecken dabei auch nicht vor Gewalt zurück.

Transfeindliche Gewalt entsteht durch die Konstruktion von Binarität und ihrer Bewertung. Das heißt: Menschen werden in zwei Geschlechter eingeteilt und ihnen werden bestimmte Eigenschaften zugeschrieben. Ein Grundprinzip des Patriarchats, der Herrschaft des Männlichen: Nur die „echten Männer“ werden als vollwertig gesehen, Frauen gelten als minderwertig, und wer gar nicht in die starre Zweiteilung passt, wird noch mehr ausgegrenzt. Das betrifft trans*, nichtbinäre, inter* und agender Personen.

In der bestehenden kapitalistischen Ordnung ist die Unterdrückung von bestimmten Personengruppen und die Spaltung der Gesellschaftunbedingt nötig. Der Kapitalismus nutzt und verfestigt die binären Vorstellung und Hierarchisierung der Geschlechterrollen. Tätigkeiten, wie Haushalt, Erziehung, Bildung und Pflege – also Tätigkeiten des Reproduktionsbereichs – werden dem Weiblichen zugeschrieben und abgewertet. Diese Abwertung soll rechtfertigen, dass die für das System notwendige Reproduktionsarbeit schlecht oder gar nicht bezahlt wird, um die Profitsteigerung zu sichern.

Die Aufrechterhaltung der binären Geschlechterrollen zur Aufrechterhaltung der Logik des Kapitalismus, welche maßgeblich durch den Staat als ideellen Gesamtkapitalisten sichergestellt wird, führt zur Kriminalisierung, Ausschluss und Unterdrückung derjenigen, die nicht der künstlichen Geschlechterordnung entsprechen.

Die Befreiung von trans* Personen kann nicht innerhalb dieses Systems von Patriarchat, Staat und Kapitalismus und durch dessen Symbolpolitik erreicht werden, sondern muss erkämpft werden. Sie muss gemeinsam erkämpft werden. Um sie zu erreichen, muss das spalterische System abgeschafft werden – wir müssen alle miteinander statt gegeneinander antreten, denn die Einteilung in 2 Geschlechter und deren Bewertung ist kein Naturgesetz. Hier gilt es insbesondere für cis-Frauen – also Frauen die sich mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren – sich nicht ausspielen zulassen, sondern gemeinsam mit trans* Personen solidarisch zu handeln. Es bringt nichts, sich möglichst gut in diesem System zu platzieren und damit die schlechter Gestellten selbst zu unterdrücken.

Wir werden vom gleichen System unterdrückt und müssen gemeinsam für die Abschaffung des Patriarchats und Kapitalismus kämpfen. Nur durch einen gemeinsamen Kampf können wir dieses System überwinden und uns alle wirklich befreien!

Der Aufruf wird unterstützt von: Jiyana Jin – Kurdischer Frauenverein Kiel e.V., Feministisches Café Kiel, Feministische Antifa Kiel, Bund Sozialistischer Frauen, Perspektive Solidarität Kiel und Stadtteilladen Anni Wadle.