Am Sonntagnachmittag (20.09.2020) beteiligten sich über 600 Menschen an der antifaschistischen Bündnisdemonstration gegen eine weitere Kundgebung der rechtsoffenen „Querdenken“-Szene auf der Reventlouwiese. Die Demonstrant*innen zogen in zweieinhalb Stunden von der Auftaktkundgebung am Ostseekai über den Düsternbrooker Weg zur Reventloubrücke und wieder zurück zum Ausgangspunkt.
Ausgiebige Zwischenkundgebungen fanden sowohl auf dem Hin-, als auch auf dem Rückweg Höhe Reventlouwiese im Rücken der „Querdenker*innen“ sowie in deren direkter Nachbarschaft auf dem Reventlouparkplatz statt. Die Polizei behinderte immer wieder die Öffentlichkeitsarbeit der Teilnehmer*innen und versuchte eigenmächtig die angemeldete Route zu beschneiden.
In Redebeiträgen des Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel, der Seebrücke Kiel, der Interventionistische Linken Kiel, der Antifa-Jugend Kiel, der No Border Kitchen Lesvos, von Fridays For Future Kiel, Perspektive Solidarität Kiel und der Autonomen Antifa-Koordination Kiel wurden dabei über die klare Absage an die reaktionäre Sammelbewegung hinaus auch die tatsächlichen Probleme in der Corona-Krise deutlich benannt. Die Redner*innen richteten sich u.a. gegen die rassistische EU-Abschottungspolitik, die Umverteilung der Krisenlasten nach unten, gegen die Klimazerstörung und gegen den hierfür verantwortlichen Kapitalismus.
Anschließend begaben sich kleinere Gruppen von Antifaschist*innen spontan zum Ort des Geschehens an der Kiellinie, wo es immer wieder zu verbalen Auseinandersezungen mit Corona-Relativierer*innen und -Leugner*innen kam, von denen nicht wenige Symbole der verschwörungsideologischen pro-Trump Bewegung „QAnon“ oder das „Wahrheitszeichen“ des antisemitischen Hetzers Heiko Schrang trugen. Auch der chauvinistische YouTuber „Aktivist Mann“ befand sich, wie schon auf der Kundgebung im August, unter den etwa 400 „Querdenker*innen“. Die Veranstaltung der Sozialdarwinist*innen und Abergläubigen war um 17.30 Uhr beendet.
Insgesamt muss die kurzfristig anberaumte Bündnisdemo als erfreulicher Erfolg der antifaschistischen Bewegung in Kiel bewertet werden: Es ist in kurzer Zeit gelungen, verschiedene Spektren mit ihren jeweiligen Themenschwerpunkten gegen die seit Monaten andauernde Formierung faschistoider Kräfte in der Corona-Pandemie zusammenzubringen. Dass der antifaschistische Protest erstmals größer als die Mystiker*innen-Versammlung ausfiel, ist ebenfalls nicht selbstverständlich und allen beteiligten Strukturen und Aktivist*innen zu verdanken. Hieran gilt es selbstredend anzuknüpfen, im Vorgehen gegen neuartige rechte Akteur*innen, genauso wie zu den zahlreichen anderen Herausforderungen, mit denen die Linke gegenwärtig konfrontiert ist.