Samstag | 02.12.2023 | 10-17 Uhr | Stadtteilladen Anni Wadle (Kieler Str. 12)
Mit Lutz Brangsch und Michael Brie
„Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europas haben sich zu einer heiligen Allianz gegen dieses Gespenst verbündet…“. So beginnt die berühmteste Schrift linken Denkens, das „Manifest der Kommunistischen Partei“ von Karl Marx und Friedrich Engels aus dem Jahre 1848.
Bis heute hat sich ein ungeheures geschichtliches Inventar an theoretischen Bestimmungen und Debatten, praktischen Versuchen sowie Angriffen und Denunziation politischer Gegner entlang der Begriffe Kommunismus und Sozialismus angesammelt. Das erklärte Ziel der klassenlosen Gesellschaft, in der das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben und der Staat als Instrument der Klassenherrschaft abgestorben ist, wurde auf verschiedenen Wegen adressiert. Marx und Engels sahen bereits in der Urgesellschaft einen Urkommunismus, in dem die soziale Organisation auf Gemeineigentum aufbaute. In frühkapitalistischen Gesellschaften fanden sich in Aufstandsbewegungen und intellektuellen utopischen Konstrukten kommunistische Ansätze und ab dem 19. Jahrhundert und der Phase des Hochkapitalismus bildete sich ein revolutionärer Kommunismus und eine Arbeiter:innenbewegung mit eigenständigen Massenorganisationen, Träger:innen und Aktionsformen heraus. Eine Bewegung die von konkreten Errungenschaften und Verbesserungen der Lebensbedingungen, aber letztendlich auch durch politische Spaltungen und Niederlagen geprägt war.
Die Oktoberrevolution 1917 und Sowjetrussland als der große Aufbruch machten kommunistische Ziele als auch deren Mittel in gesellschaftlicher Dimension erlebbar. Das Ende in der Barbarei des Stalinismus haftet dem Begriff bis heute an und macht ein Lernen aus dieser Tragödie notwendig. Dennoch gab es in den imperialistischen Zentren und Peripherien auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder Bezugnahmen und Versuche auf den Kommunismus als Gegenentwurf zu kapitalistischer Ausbeutung und kolonialer Unterdrückung.
Und ausgehend von den Worten Badious, wonach „der Stalinismus den Kommunismus getötet hat, dieser aber wieder erwachen kann“, gibt es als Antwort auf das neoliberale Ende der Geschichte von Chiapas bis Rojava immer wieder praktische Versuche sowie vor allem in Krisenzeiten ausgeweitete Debatten über eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaft im Kleinen wie im Großen. Damit einher geht eine große Spannweite zur Bestimmung der Begriffe: Von der Überwindung aller Logiken der bürgerlichen Gesellschaft und damit die Vergesellschaftung des Bodens und der Produktionsmittel, die Demokratisierung der Produktions- und Reproduktionsmittel, die Abschaffung der Herrschaftsorganisation Staat, die Schaffung neuer Naturverhältnissen einschließend, bis hin zum aufsteigenden globalen Hegemon mit sozialistischen Einflüssen in der ökonomischen Sphäre.
In dem Workshop werden grundlegend in die Konzepte Sozialismus und Kommunismus eingeführt. Welche Theorie- und Ideengeschichten gehen mit den Begriffen einher? In welchem Verhältnis stehen die Begriffe? Welche Organisierungs- oder Organisationsansätze sind damit verbunden? Was können wir aus der Geschichte lernen und für unsere heutige Praxis daraus gewinnen?
Dr. Lutz Brangsch, politischer Ökonom, geb. 1957. Von 1999 bis 2023 Mitarbeiter in der Rosa- Luxemburg-Stiftung in verschiedenen Funktionen, zuletzt Referent für Staat und Demokratie im Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung, jetzt Rentner.
Dr. Michael Brie, Sozialphilosoph, geb. 1954 in Schwerin. Hochschullehrer an der Humboldt-Universität zu Berlin; langjährige Arbeit an der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Geschichte des Sozialismus und Kommunismus. Ausgewählte Bücher: Brie, Michael/Brangsch, Lutz (Hrsg.) (2016): Das Kommunistische. Oder: Ein Gespenst kommt nicht zur Ruhe. Mit Beiträgen von Bini Adamczak, Friederike Habermann und Massimo De Angelis. Hamburg: VSA; Sozialismus neu entdecken. Ein hellblaues Bändchen von der Utopie zur Wissenschaft und zur Großen Transformation. Hamburg: VSA 2022;: Chinas Sozialismus neu entdecken: Ein hellblaues Bändchen jenseits der Froschperspektive auf ein spannendes Experiment. Hamburg: VSA 2023.
Der Workshop findet statt im Rahmen der PSK Winterschule 2023/24. Aufgrund begrenzter Plätze bitten wir um Anmeldung. Dafür könnt ihr einfach an mail@perspektive-solidaritaet.org schreiben oder euch direkt im Stadtteilladen melden. Die Seminarreihe wird unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Schleswig-Holstein.
Weitere Veranstaltungen:
20.01.2024 | 10-17 Uhr: „Der Kapitalismus kriegt die Krise“ – Einführung in den marxistischen Krisenbegriff mit Antonella Muzzupappa (Anmeldung ab 03.12.2023)
17.02.2024 | 10-16 Uhr: Materialistischer Queer-Feminismus. Entstehung und theoretische Grundlagen mit Friederike Beier (Anmeldung ab 21.01.2024)
16.03.2024 | 10-17 Uhr: Klima und Kapital – Gesellschaftliche Naturverhältnisse im Kapitalismus mit Moritz Zeiler und Valeria Bruschi (Anmeldung ab 18.02.2024)
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